Missbrauch von Kindern und Babys! Dafür stand die Kinderporno-Plattform „Elysium“ im Darknet. 80.000 User haben dort kinderpornografisches Material ausgetauscht. 111.000 registrierte Nutzer aus der ganzen Welt waren in Chats und im Forum aktiv. In Bad Camberg wurde der Server dafür betrieben. Heute wurden die Hauptakteure vor dem Landgericht Limburg verurteilt.
„Wir haben doch nur Bilder geguckt“
Richter Marco Schneider wollte zum Ende der Urteilsverkündung und des Prozesses den vier Angeklagten noch einmal deutlich sagen, dass hinter jedem einzelnen Bild und hinter jedem einzelnen Video auf der Plattform der Missbrauch eines Kindes stehen würde. „Zu sagen, wir haben doch nur Bilder geguckt, ist eine Bagatellisierung, die im Zusammenhang mit Kinderpornografie nichts zu suchen hat.“ Das soll jedem Nutzer der Plattform gesagt sein!
Der letzte Verhandlungstag des „Elysium“-Prozesses begann etwas verspätet. Richter Marco Schneider sprach nach siebenmonatiger Verhandlung um kurz nach 12 Uhr das Urteil. Die vier Hauptakteure der Plattform sind von der 1. großen Jugendkammer des Limburger Landgerichts zu Haftstrafen zwischen knapp vier und knapp zehn Jahren verurteilt worden.
Das unter anderem wegen:
- Beteiligung an der Missbrauchsplattform „Elysium“,
- wegen bandenmäßiger Verbreitung und Besitzes von
Kinderpornografie, - und teilweise wegen Anstiftung zum
Kindesmissbrauch und schweren sexuellen Missbrauchs.
Verhandelt wurde der Prozess vor der Jugendkammer wegen der missbrauchten Kinder. Die hätten vor Gericht aussagen müssen, was den Kindern aber erspart blieb. Nicht wegen der zwischen 41 und 63 Jahren alten Angeklagten.
Durch die vier Täter Frank M., Joachim P., Michael G. und Bernd M. war es zehntausenden von User weltweit möglich, ab dem Sommer 2015 Bilder und Videos missbrauchter Kinder zu sehen. Erst auf der Darknet-Plattform „The Giftbox Exchange“ mit zeitweise über 67.000 Nutzern, und später auf „Elysium“ mit weltweit mehr als 111.000 Nutzerkonten. Ausgeschaltet wurde „Elysium“ im Juni 2017, nachdem das BKA den Standort des Servers ermittelt hatte.
„Babies & Toddlers“ – Missbrauch an Kleinkinder bis zu vier Jahren
„Elysium“ ist Ende 2016 im Darknet online gegangen. Die Chatbereiche der Plattform waren in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch verfügbar. Im Forum sind in dem halben Jahr des Betriebs knapp 1.870 Threads durch User erstellt worden. Es wurden nicht nur kinderpornografische Inhalte ausgetauscht.
Die Nutzer der Plattform haben sich auch zum sexuellen Missbrauch von Kindern verabredet. Unter der Forumskategorie „Babies & Toddlers“ wurden Bilder und Videos von Missbrauch an Kleinstkinder im Alter bis zu vier Jahren ausgetauscht. Bilder auf der Plattform zeigten Vergewaltigungen von Säuglingen, von Kleinkindern, von Mädchen und Jungen, bis hin zu Sodomie- und SM-Darstellungen mit Kindern.
Am letzten Tag der Verhandlung vermeidet es Richter Marco Schneider bei den grausamen Taten erneut ins Detail zu gehen. Allerdings wird er im Falle von Michael G. aus dem bayerischen Landsberg am Lech deutlich. Auch wenn der 63-jährige Grafiker kopfschüttelnd in Vermeidungshaltung die Urteilsverkündung über sich ergehen lässt, in seinem Vollbart und zum Pferdeschwanz gebundenen weißen Haar, muss er die Freiheitsstrafe von neun Jahren und neun Monaten mit anschließender Sicherungsverwahrung hinnehmen. Die Kammer sieht es als erwiesen an, dass der Bayer nicht nur Administrator sowohl von „The Giftbox Exchange“ als auch „Elysium“ war, sondern dass er des schweren Kindesmissbrauchs schuldig ist. Durch seine Pädophilie, vor allem aber durch seine Weigerung, die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen, sei G. weiterhin eine Gefahr für Kinder.
Für fünf Tage zum Missbrauch von Kindern nach Wien
Der Richter erklärt: „Pädophilie ist nichts, wofür man sich entscheidet.“ Entscheidend sei aber, wie man mit seiner Pädophile umgehe. Und das sei es, was man Herrn G. vorwerfen könne. Der gelernte Erzieher war in den Neunzigern bereits wegen Missbrauch zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Als Administrator habe er den Austausch mit Gleichgesinnten als Selbsttherapie betrachtet. Er habe andere davon abhalten wollen, Kindern etwas anzutun, hatte Michael G. an einem vorherigen Prozesstag erklärt. Das glaubten ihm die Richter nicht. Für sie habe er genau das Gegenteil gemacht, was sie auch deutlich machten. So hat G. anderen Tipps gegeben, wie Kinder zu missbrauchen sind, damit diese sich möglichst nicht wehren.
Erwiesen ist auch, dass Michael G. im August 2016 zu einem Chatpartner aus Wien, den er auf der Plattform kennengelernt hatte, reiste. Der alleinerziehende Wiener hatte seine sechsjährige Tochter und seinen vierjährigen Sohn bereits über Jahre hinweg missbraucht.
G. wurde vom mittlerweile wegen Missbrauchs verurteilten zweifachen Vater eingeladen, damit dieser die Kinder missbrauchen kann, und um Fotos und Videos des Missbrauchs zu machen. Fünf Tag war der Angeklagte in Wien. Die Aufnahmen teilte er danach mit Chatpartnern auf „Elysium“.
Größte Kinderporno-Plattform im Darknet, die deutsche Ermittler bisher ausheben konnten
Die Verhandlung hat vor dem Landgericht Limburg stattgefunden, weil der Hauptangeklagte Frank M. aus Bad Camberg ist. Den Server der Plattform betrieb er dort in seiner Kfz-Werkstatt. Der Hesse und Vater zweier Kinder war Administrator von „Elysium“ und davor bereits auch von der Vorgängerplattform. Er wurde zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt. Acht Jahre, nicht nur, weil er Administrator von „Elysium“ war, sondern weil er den Haupttäter im Staufener Missbrauchsfall, Christian L., zum schweren sexuellen Missbrauch eines Neunjährigen angestiftet haben soll.
Im Staufener Missbrauchsfall hatte Christian L. den Sohn seiner Lebensgefährtin Berrin T. gemeinsam mit ihr über Jahre missbraucht. Darüber hinaus haben sie den Jungen im Darknet angeboten und Männern aus dem In- und Ausland gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen. Für das Gericht steht fest, das Frank M. Christan L. aufgefordert hatte, Bilder der Missbrauchstaten zu erstellen. Die Vergehen bestreitet der Vater aus Camberg. Er hätte nur bei der Plattform mitgemacht, um als verdeckter Ermittler Beweise zu sammeln und Täter zu überführen. Er lehne Kinderpornografie ab und sei nicht pädophil veranlagt. Nur glaubt ihm das keiner der Richter.
Der Erschaffer von „Elysium“
Der Moderator von „Elysium“, Bernd M., 57 Jahre alt, ist verheiratet und Vater eines Sohnes. Er bestritt eine pädophile Neigung. Dem Hilfsarbeiter aus Baden-Württemberg sei es nur um die Technik gegangen. Allerdings soll er Usern „Sicherheitshinweise“ zu einem vor Strafverfolgungsbehörden sicheren Surfen gegeben haben. Der Mann aus Boxberg (Baden) ist vom Gericht zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden.
Dem Einzigen, dem das Gericht die Reue glaubt, ist der 59-Jährige Joachim P. aus Baden-Württemberg. Er ist Erschaffer der Plattform. Er hat „Elysium“ programmiert und eingerichtet und war Hauptadministrator. Der Mann aus Rottenburg am Neckar hat früh mit den Ermittlungsbehörden kooperiert. Trotzdem wurde er zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Sie sind nun mal der Vater von „Elysium“
Die vergleichbare niedrige Strafe begründete das Gericht mit Joachim P’s Geständigkeit und mit seiner Mitwirkung bei der Aufklärung des Falls. Aber Richter Marco Schneider machte auch hier klar: „Sie sind nun mal der Vater von ,Elysium‘, ohne Sie hätte es diese Plattform nicht gegeben.“ Sein Verteidiger ist mit dem Urteil nicht einverstanden, und kündigte Berufung an.
Den ersten Hinweis auf „Elysium“ erhielt das BKA von australischen Behörden. So fanden die Ermittler den Weg zur Kfz-Werkstatt von Frank M. Für die Fahnder ein Standort, der vor dem Hintergrund der internationalen Dimension, völlig überraschte. So sagte Staatsanwältin Julia Bussweiler: „Dass man dann diese Plattform in den heimischen Gefilden lokalisiert, ist durchaus ungewöhnlich.“ Rechtskräftig sind die Verurteilungen noch nicht. Die Verteidigung kündigte Revision an, oder diese vom Bundesgerichtshof überprüfen zu lassen.
(lm)